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Sondermailing Klaus Peter Keller - Jahrgang 2020

„Unser 20. Jahrgang macht uns glücklich!“ (Julia & Klaus Peter Keller)

PdP: Wann hattest Du das

PdP: Wann hattest Du das Gefühl, dass dieses gemeinsame Projekt ein Weingut zu übernehmen, sich so gut würde entwickeln können? Ein Laie beispielsweise, der sich möglicherweise ein wenig mit den Kellers und ihren Weinen beschäftigt, sieht, dass da irgendwann einmal ein Riesling namens G-Max zu einem Preis von 50 Euro auf den Markt kommt – was damals schon eine ziemliche Ansage und Ausnahme war. Jahre später erzielt dieser Wein bei einer Versteigerung mehrere Tausend Euro. Das ist, gelinde gesagt, vergleichsweise ungewöhnlich für deutsche Verhältnisse! Das sind „Hausnummern“, die man vielleicht von edelsüßen Rieslingen von Egon Müller kennt, aber sonst …? Das ist doch schon einmalig? JK: Ich kann da wirklich keinen Zeitpunkt festmachen, das war so ein schleichender Prozess, das hat sich so entwickelt. Das war uns so auch nie beabsichtigt. Das hat eine Eigendynamik entwickelt. Wir haben nie den Plan verfolgt „jetzt machen wir einen speziellen Wein, und der soll einmal der Kultwein in Deutschland werden“ – niemals! Wir haben’s versucht, so gut wie möglich zu machen. Das „G“ im G-Max steht für Georg, unseren Urgroßvater, der damals das Weingut aufgebaut hat, der zum ersten Mal Flaschenwein gefüllt hat, und „Max“, das ist unser Sohn Maximilian – und dann ist es klar, dass etwas, was die Generationen umspannt und verbindet und was man an die nächste Generation weitergeben möchte, dass man da alles herauskitzeln, das Bestmögliche machen möchte. Und das haben wir gemacht. Dabei sollte das nur ein Wein für unseren Sohn werden. Den wir weglegen und dann zusammen genießen können. Da ging einfach unser ganzes Herzblut rein – wenn man einen Wein fürs eigene Kind macht, gibt man halt 150 %, und das kann man schmecken! Er kommt aus einer kleinen, ganz alten Riesling-Parzelle und die Menge blieb immer limitiert. Da gab es natürlich Leute, die neugierig waren … PdP: Für andere Außenstehende, die professionelle Kritik etwa, versprach das Weingut Keller schon recht früh sehr viel Verheißungsvolles. Der Gault&Millau etwa hat euch 2000 die Auszeichnung „Weingut des Jahrzehnts“ verliehen! JK: Stimmt! Das war eine großartige Sache, über die wir uns wahnsinnig gefreut haben! Und eine Auszeichnung, die der Gault&Millau auch – glaube ich – bisher nur ein einziges Mal vergeben hat. Das hat uns viel Aufmerksamkeit verschafft. Es zeigt aber auch, dass die Generation zuvor bereits enorme Arbeit geleistet hat und uns ermöglichte darauf aufzubauen. Dank dieser Vorlage konnten wir an die Erfolge anknüpfen. Somit ist das ist eines von ganz vielen Puzzleteilchen, die dazu beigetragen haben. Dinge, die wir gar nicht in der Hand, die wir gar nicht beeinflusst hatten, die einfach passiert sind. Wir hatten keinen Masterplan „das ist der Weg zum Erfolg und den müssen wir so gehen“, sondern wir haben immer wieder aus dem Bauch neu entschieden, was zu tun ist, uns immer wieder an die Situation neu angepasst. PdP: Aber irgendwie war das doch schon sehr prophetisch, denn im Grunde war das doch ungeheuer früh ... JK: ... ja, wir haben seit 1997/1998 am Weingut mitgearbeitet, offiziell übernommen dann 2006. Somit wird die Auszeichnung ebenso Klaus Peters Eltern zuteil, die hier ihr Herzblut ins Gut gesteckt haben. Und so versuchen auch wir den Weg der nächsten Generation zu ebnen und in bestmöglicher Verfassung zu übergeben. PdP: Du sagtest, das vieles „aus dem Bauch heraus“ entschieden wurde, und das gilt sicherlich nach wie vor, aber was sind denn die Pläne für die nächsten 20 Jahre? JK: Oh, da gibt es ganz viele Projekte! Vor allem von unserem Sohn. Wir wollen ihm da den Rücken freihalten, damit er all die Sachen umsetzen kann. Wir haben unseren Kindern von Anfang an gesagt, dass wenn sie ins Weingut einsteigen möchten, dass wenn sie Spaß daran haben wollen, dass das nur mit absoluter Leidenschaft geht, so wie wir ihnen das vorleben, was wir ihnen natürlich auch gerne an Begeisterung, an Spaß am Beruf mitgeben wollen. Bei Felix war es für uns von Anfang an klar – er hat schon mit acht Jahren seinen ersten Wein gemacht, ist da mit seinem kleinen Traktor raus in den Weinberg gefahren, hat da, wo nach der Ernte noch Trauben hingen nachgeerntet, abends dann fleißig einzelne Beerchen gezupft. Wir haben ihm natürlich immer auch gesagt, dass er sich auch für etwas ganz anderes entscheiden könne, und er hat sich das schon noch eine Weile offengehalten, aber freuen uns jetzt sehr, dass er sich dazu entschieden hat weiterzumachen1 Und er hat so viele tolle Projekte, die uns auch so viel Freude machen, die unser Weingut noch ein bisschen weiter in eine Richtung lenken werden, gerade für Weine, für die wir jetzt nicht so bekannt sind wie etwa Chardonnay. Oder auch die Sekte, die er macht, das sind Sachen, die für uns völlig neu sind, KELLERMAILING 2021 // INTERVIEW – 18 –

wo wir uns auch gar nicht auskennen, die wir aber wahnsinnig spannend finden. Wir trinken super gerne deutsche Winzersekte oder Champagner, aber haben uns mit der technischen Seite nie auseinandergesetzt. Aber genau dafür hat Felix aber eine große Begeisterung und Leidenschaft entwickelt, die wir natürlich voll unterstützen. Das ist unser Projekt für die nächsten 20 Jahre: die kommenden Generationen zu unterstützen! PdP: Felix macht dann die „Pinot-Schiene“, wenn man das so sagen darf? JK: Ja, weil er neben Rielsing auch so gerne weiße und rote Burgunder trinkt und auch, was das betrifft, sehr französisch orientiert ist. Daher auch das große Sekt-Projekt, bei dem wir uns allerdings noch ein paar Jahre gedulden müssen bis wir das trinken dürfen, weil die Sekte erst einmal fünf Jahre im Keller schlummern sollen, bevor sie in den Verkauf kommen. Aber den ersten Chardonnay haben wir gerade angeboten – und der ist super gut angekommen! Eine Mini- Menge nur, aber wunderschön! PdP: Flörsheim-Dalsheim als das neue Epizentrum deutschen Sekts? Raumland und Keller? Berühmter geht’s dann ja nicht mehr! JK: Das war nie der Ansatz! Natürlich trinken wir die Raumlandsekte sehr sehr gerne, das ist das führende Gut für Sekt in Deutschland, aber die räumliche Nähe ist Zufall. Felix hat bei Mathieu Kauffmann in der Pfalz bei von Buhl gelernt, hat sich von dessen Leidenschaft anstecken lassen und das dann in der Champagne bei Bérêche vertieft. Und erst dadurch kam Felix auf die Idee, die er dann hier in Rheinhessen verwirklichen wollte. Wir haben da keinerlei Einfluss darauf genommen, haben ihm aber gleich gesagt: Okay, wenn Du das möchtest, dann stehen wir hinter Dir und unterstützen dich. Es soll überschaubar in der Menge bleiben (vielleicht 3.000 bis 5.000 Flaschen im Jahr), aber von allerbester Qualität – so wie wir es bei unseren Weinen auch halten. Klein, aber ganz besonders fein! ► VIDEO Liebe zum Detail: Eine der drei Doppelmagnumflaschen Pettenthal- Versteigerungswein wird von Julia mit Wachs versiegelt PdP: Die „Felix-Projekte“ sind Teil der nächsten 20 Jahre und hoffentlich lange darüber hinaus – gibt es etwas, wie beim G-Max, bei dem sich ja einerseits eine Art Kreis schließt, andererseits eine Traditionslinie in die Zukunft weist, was Du gerne aus der Vergangenheit zurückholen willst, was Du neu interpretieren, neu gestalten willst? Oder ist das ohnehin etwas Kontinuierliches, das sich entwickelt und entwickelt … JK: Vermutlich schon eher letzteres. Mit dem Moselprojekt hat sich so eine Herzensangelegenheit erfüllt, etwas, woran wir schon immer Freude hatten. Meine Schwiegereltern hatten 1995/1996 an der Ruwer damals einen kleinen Weinberg, der ihnen wiederum viel Spaß gemacht hat. Und das ist etwas, was uns schon immer wahnsinnig interessiert hat, zu schauen, was in anderen Regionen möglich ist, was es da für Weine. Das sind Projekte, die einfach dazukommen, die alles noch ein wenig spannender und interessanter machen. Aber bei der Mosel haben wir von Anfang an gesagt: Das machen wir für zehn Jahre – und dann ist gut. Denn das ist schon ein sehr arbeitsintensives und aufwändiges „Herzensprojekt“, das fast 2.000 Arbeitsstunden im Jahr in Anspruch nimmt. PdP: Gibt es etwas, was Du noch nicht gemacht hast, was Du Dir mehr oder weniger dringend wünscht? Was auch ein Projekt für die Zukunft werden könnte? Wir wissen ja, dass Deine Liebe auch der Scheurebe und dem Rieslaner gilt, sicher auch ein Erbe von Hans-Günter Schwarz, aber bist Du vielleicht eine ganz heimlich Gutedel-Besessene? JK: Was? (lacht) Nein, nein, meine gar nicht so heimliche Liebe gilt wie Du sagst der Scheurebe und dem Rieslaner … Und im Prinzip haben es unsere Kunden mir zu verdanken, dass wir die alte Scheurebe-Anlage im Morstein in Westhofen haben. Denn die liegt im besten Großen-Gewächs-Stück vom Morstein! Uralte Scheurebe-Stöcke in einer kleinen Parzelle, und für mich eine große Herzensangelegenheit! Deswegen gibt es auch, wenn wir das schaffen, immer wieder eine trockene Scheurebe und ein paar Flaschen Kabinett, manchmal, wenn’s der Jahrgang hergibt, auch Spätlese oder Auslese. Aber das ist etwas, was für mich einfach dazugehört, was auch unser Sortiment sehr schön ergänzt und abrundet. Aber gerade was die Jahrgänge und die Klimaveränderungen angeht: Wir sind hier in der Region Rheinhessen die absoluten Profiteure, wir haben in den letzten 20 Jahren nur gewonnen! Unsere Reben haben wohl noch niemals zuvor in der Weingutsgeschichte Trauben in so perfekter Balance von Zucker und Säure hervorgebracht. Zumindest für den Moment ist unsere Region ein großer Klimagewinner. Uns ist natürlich bewusst, dass sich das auch noch ganz anders entwickeln kann, dass wir uns auch darauf einstellen müssen, dass es noch trockener, dass es noch schwieriger werden kann. Aber ich glaube, das wir dafür auch gerüstet sind. Da gibt es verschiedene Maßnahmen und Ideen, wie wir diesen Dingen begegnen können, etwa Dichtpflanzungen, damit sich die Reben Konkurrenz machen und intensivere Pfahlwurzeln ausbilden, dass sie sich gegen- KELLERMAILING 2021 // INTERVIEW – 19 –

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