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PINwand Nr. 323

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Weinmagazin Ausgabe Mai 2021 - Erlesene Weine, Feinkost und Spirituosen von Pinard de Picard - Weinhändler des Jahres 2010 & 2019 - Weinfachhandel und Weinversender

ÖSTERREICH & UNGARN

ÖSTERREICH & UNGARN Weninger © Phillip Breidler BLAUFRÄNKISCH „KALKOFEN“, 2017 (BIO) Der Name ist Programm – burgundischer Blaufränkisch vom Kalkboden. OBL070517 Blaufränkisch „Kalkofen“, 2017 13% Vol. 50,66 €/l 38,00 € AT-BIO-402 Wenn man es nicht besser wüsste, immerhin hat man sich den Blaufränkisch „Kalkofen“ ja eben selbst eingeschenkt, dann könnte man bei diesem Wein aus dem Mittelburgenland auf die Idee kommen, einen „Côte de Nuits“ aus einer sehr guten Premier-Cru-Lage im Glas zu haben. Und so weit hergeholt ist das ja letztlich auch nicht. Schließlich kann man den Blaufränkisch durchaus zu den burgundischen Rebsorten zählen, und der Boden – der Name deutet es an – ist zwar kein jurassischer Kalk, sondern aus dem Mittelmiozän, also deutlich jünger, aber man wird sehr schnell der Energie gewahr, die Weine von einem solchen Boden besitzen. Der „Kalkofen“ trägt diesen Namen ähnlich wie die Grand-Cru-Lage in der Pfälzer Mittelhaardt wegen der Tätigkeit, die hier früher verrichtet wurde: Man hat Kalk gebrannt. Als Ofen entpuppt sich die Lage nämlich nicht – sie ist eine der kühlsten Rotweinlagen im Mittelburgenland und liegt auf 360 Metern Höhe in Ritzing am westlichen Ende der Appellation. Die Weningers haben ihre Rebstöcke hier im Jahr 1999 gepflanzt. Das zunehmende Alter der Reben, die inzwischen sehr tief in diesem lockeren Kalkmergelgeröll wurzeln, hat auch den Wein immer komplexer werden lassen. Sie wurden von Anfang an biologisch, später dann biodynamisch gepflegt und liefern kleinbeerige, feste Trauben, die nach der Handlese weitgehend entrappt und leicht gequetscht werden, bevor sie per Schwerkraft in den Fermenter gelangen, wo sie spontan gären. Rund zwei Wochen dauert hier die Maischestandzeit. Dann folgt der biologische Säureabbau, und im Anschluss wird der „Kalkofen“ über 20 Monate hinweg im tonneau ausgebaut. Schnell wird klar, dass der Blaufränkisch „Kalkofen“ ein Wein ist, der eine ganz eigene Kraft und Spannung aufbaut. Im Duft changiert er zwischen sauren und süßen Kirschen, Cranberrys und Roten Johannisbeeren, Preiselbeeren und Blutorangen, Holunder und Schlehen. Die vielschichtige Frucht wird begleitet von Kräutern und Kalk, von Unterholz und feinkörniger Erde, von ein wenig Tabak und Schokolade. Am Gaumen dann kann man über die engmaschige Verknüpfung von feinen Tanninen und eine ebenso feine, aber absolut präzise, den Wein unter Spannung versetzende Säure nur staunen. Obwohl die Reben noch nicht sonderlich alt sind, bringen sie schon die besondere elektrisierende Mineralität an die Zunge, die kurz zurückzucken möchte, weil sie so sehr von dem kleinen Stromstoß überrascht ist, den dieser pikante, feine und elegante Blaufränkisch bietet. Diesen Wein kann man jetzt und sicher bis 2035 mit Freude trinken. 40 PINWAND °323 | Mai 2021

Weninger ÖSTERREICH & UNGARN BLAUFRÄNKISCH „DÜRRAU“, 2016 (BIO) Blaufränkisch auf höchstem Niveau – einer der großen Weine des Burgenlands! OBL070616 Blaufränkisch „Dürrau“, 2016 13% Vol. 78,66 €/l 59,00 € AT-BIO-402 Im südöstlichen Teil von Horitschon befindet sich die Lage Dürrau mit dem schwersten und tiefgründigsten Boden im Lagenportfolio von Weninger. Dieser Boden besteht aus Lehm mit einem hohen Tongehalt, der so viel Eisen besitzt, dass häufig Rostflecken zutage treten. Gerade in wärmeren Jahren kann dieser kühlste aller Böden des Weinguts extrem lange das Wasser speichern, weshalb die Reben dort kaum einmal Trockenstress ausgesetzt sind. Die 60 Jahre alten Reben, deren Wurzeln tief in den Boden eingedrungen sind, werden wie überall bei Weningers nach biodynamischen Methoden gepflegt und gehegt. Der Ertrag zum Ende des Herbstes ist für das Mittelburgenland mit rund 33 Hekto liter pro Hektar immer recht gering, dafür erhält man bildschöne, kleine, feste, aromatische Blaufränkisch-Trauben. Die Lese erfolgt von Hand, vergoren wird der Wein spontan in alten, offenen tonneaux. Auch Säureabbau und Ausbau (24 Monate) finden im tonneau statt. Bewegt wird der Wein per Schwerkraft, aufgefüllt, geschönt oder filtriert wird nicht und nur minimal, wenn überhaupt, geschwefelt. Man kann hier mit Fug und Recht von einem Naturwein sprechen, und zwar von einem, der die Größe eines Grand Cru besitzt. und so weiter aufzählt und dann doch irgendwann an seine Grenzen stößt. Dieser 2016er „Dürrau“ ist kraftvoll und gleichzeitig im höchsten Maße charmant. Er birst nur so vor Frucht, wirkt aber gleichzeitig gar nicht opulent. Stattdessen verbindet sich diese Frucht mit all den erdigen und auch frischen, ätherischen Nuancen, gleitet auf einem überaus feinen, tonigen Tannin über den Gaumen in ein Finale, das gar nicht enden will. Ganz ohne Zweifel hat man hier etwas ganz Besonderes und Berührendes im Glas. Und man möchte es ganz sicher nicht bei einem Glas belassen. Diesen Wein kann man jetzt und sicher bis 2035 mit Freude trinken. Wann wird klar, dass man es mit einem großen Wein zu tun hat? Im Duft kann man es sicher schon erahnen – so auch hier: Der Wein birgt eine ganz besondere Form der Noblesse, die sich schon hier in der Balance und Tiefe der Aromen ausdrückt und vor allem in der damit hervorgerufenen Erwartung, ein Meisterwerk an den Gaumen zu bekommen. Man möchte probieren und gleichzeitig die Sinnlichkeit des Dufts noch ein wenig länger einatmen, die Vorfreude hinauszögern. Beim „Dürrau“ ist es die gezähmte Kraft, die Dunkelheit, die den Wein umgibt, die aber gleichzeitig von frischen Aromen durchdrungen ist. Hier eine Schlehe, dort eine Orange, hier eine Handvoll Johannisbeeren, dort Holunder und Gestein, Kirschen satt von sauer bis süß und von frisch bis getrocknet. Dazu Gehölz, Tabak, Erde, Zimt und ein wenig Macchia. Was am Gaumen folgt, ist eine kleine Explosion an Frische und Saftigkeit, an Vielschichtigkeit und Trinkspaß. Das ist Wein, der genau die Balance zwischen Erde, Gestein und dem Äther und höheren Sphären erreicht. Er schwebt geradezu und dürfte es eigentlich gar nicht, da er damit gleichsam die Gesetze der Schwerkraft aushebeln würde. Das ist es, was für uns einen großen Wein ausmacht. Es ist die Balance, die einen nicht mehr loslässt. Es ist ferner die Summe aller Teile, die dann so viel besser wird, als wenn man „nur“ die einzelnen Elemente von Frucht, Gewürzen, Gestein, Säure © Phillip Breidler 41

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