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PINwand Nr. 315

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Weinmailing Ausgabe Oktober - Erlesene Weine, Feinkost und Spirituosen von Pinard de Picard - Weinhändler des Jahres 2019

FRANKREICH BURGUND

FRANKREICH BURGUND Voillot Und die heutigen Qualitäten klopfen unüberhörbar an die Pforte zur Weltklasse, denn Jean-Pierre Charlot ist einer der klügsten und begabtesten Köpfe an der gesamten Côtes de Beaune. Bevor der barocke Genussmensch Jean-Pierre die Leitung dieser traditionsreichen Familiendomaine übernahm, war er als Professor für Önologie tätig. Mit klaren Vorstellungen ging er deshalb nach seinem Wechsel von der Theorie der universitären Lehre zur Praxis des Winzerdaseins ans Werk: „Meine Kellerarbeit ist ganz einfach und traditionell und dient keinem anderen Ziel, als die grandiose Vielfalt meiner unterschiedlichen Weinbergslagen in fertigen Wein umzusetzen. Der Respekt, ja die Ehrfurcht des Winzers vor der Natur und seinem Terroir sind unabdingbare Voraussetzungen, um einen großen Wein in handwerklicher Tradition zu machen, der nichts mit der modernen Massenvinifizierung und den daraus resultierenden austauschbaren, zutiefst langweiligen Produkten zu tun hat. Meine urtraditionelle Arbeit im Weinberg, insbesondere das Pflügen der Böden und die Ernte vollreifer Trauben zum exakt richtigen Zeitpunkt ist viel wichtiger als jede kellertechnische Maßnahme. Ich bin nichts anderes als der erste Diener meiner Reben.“ Ein Besuch bei diesem Sympathieträger seiner Region ist in geschmacklicher Hinsicht stets eine Reise zu den Wurzeln des Burgunds. Ungeschminkt, einerseits kraftvoll und dann doch voller raffinierter Nuancen, traumhaft komplex in der Frucht, zutiefst mineralisch und stets ungemein fein präsentieren sich die Weine, die alle über ein nobles Tannin verfügen. Ganz großes emotionales Kino! Voillots Weine besitzen zudem ein legendäres Alterungspotenzial, die Jahrgänge 1964 und 1978 zählen heute noch zu den großen Klassikern des Burgunds! Der Jahrgang 2018 Werte Kunden, wir hatten vielleicht zuletzt 2015 und definitiv 2005 einen Jahrgang, der wohl derartig hoch angesetzt wurde wie nun 2018. Aubert de Villaine von der Domaine de la Romanée-Conti ist hochbegeistert, bezeichnete ihn als „außergewöhnliches Jahr, was die Rot- wie die Weissweine angeht“ und Jasper Morris schreibt in seinem Bericht auf Inside Burgundy: „Die besten Weine in 2018 sind Superlative, schlicht in der Klasse des allerbesten, was das Burgund produzieren kann.“. Perfekte Bedingungen für eine ausgewogene Reife ohne Pilzdruck und ordentliche Wasserreserven vom Winter und Frühjahr kennzeichnen wohl den Jahrgang 2018, der gar nicht so leicht in Worte zu fassen ist. Man endet zu schnell in Kategorisierungen, ob 2018 etwa ein eher warmes oder doch kühleres Jahr gewesen sei. Nun, 2018 war – wie die letzten Jahre im Burgund – ein durchaus doch eher wärmerer Jahrgang. Was auch dafür sorgte, dass die Lese auf der Domaine Joseph Voillot (erneut!) bereits in den letzten Augusttagen begann. Anders jedoch als etwa 2003, sorgten punktuelle Regenschauer, speziell an der Côte de Beaune, wo die Reben der Domaine Voillot stehen und die gute Wasserversorgung der Böden dafür, dass sich auch in den trockeneren Sommermonaten keine Wachstumsschübe einstellten. Und genau das machte den Unterschied. Für Jean-Pierre Charlot ist der aktuelle Jahrgang daher über 2017 anzusiedeln, weil die Weine mehr Textur und Tiefe hervorbrachten. Sie zeigen Fleischigkeit und Kraft bei satter Frucht. Eine Traumkombination für alle, die sich einen ersten Eindruck der just bezogenen Flaschen verschaffen wollen. Allerdings sollte dieser Charme nicht darüber hinwegtäuschen, dass 2018 analog zu 2005 das Zeug zum echten Langstreckenläufer hat. Eine These, die viele Winzer mit uns bei unserer Fassprobe im November teilten. Alte Reben waren im Jahrgang 2018 wieder einmal echte Rettungsanker – eine Voraussetzung, die auf der Domaine Joseph Voillot vom Bourgogne bis hin zum feinsten 1er Cru gegeben ist und daher auch seit Jahren die Etiketten ziert. Alte Reben sind tiefer verwurzelt, reichen an tiefere Wasser- und Nährstoffreserven und sorgen für natürlich ausgewogene und niedrige Erträge sowie bestens ausbalancierte Trauben (in Bezug auf phenolische als auch physiologische Reife). Als treue Leser wissen Sie es bereits: Jean-Pierre hatte es in den letzten Jahren wirklich nicht leicht. Er entstammt keinem Burgunder-Adel, sondern ist Winzer mit Leib und Seele, seine Weine rangieren immer noch in völlig humanen Preisregionen, haben von all dem Trubel um Burgund bislang nichts mitbekommen. Doch Volnay schaut auf eine leidgeprüfte Vergangenheit zurück, kaum eine andere Appellation der „goldenen Küste“ wurde so oft in den letzten Jahren von Hagel heimgesucht. Die kleinen Erntemengen bereiteten den Domainen hier so viele Kopfschmerzen, dass einige, wie Jean-Pierre, eine Hagelversicherung abschlossen, im Weingeschäft eine extrem kostspielige Angelegenheit. Mit dem Jahrgang 2017 gab es seit vielen Jahren wieder eine normale Ernte. 210 Fässer stehen im Keller und im Folgejahrgang 2018 immerhin 203. Man möchte meinen, dass so ein Winzer Morgenluft wittert und nun die Chance ergreift, „Kasse zu machen“. Aber neine, die Preise sind gleich geblieben, was, wie Sie, werte Kunden wissen, im Burgund bedauerlicherweise eine Seltenheit geworden ist. Jean-Pierres Neffe Etienne Chaix lotste uns im Herbst durch den Keller, er wird, wenn denn die Zeit gekommen ist, den Meister ablösen und den Betrieb weiterführen. 2018 gelang den beiden eine wunderschöne Kollektion. Die Weine besitzen ein Mehr an Substanz, was gerade den Rotweinen der Côte de Beaune eine Statur verleiht, wie sie so häufig nur die Weine der Côte de Nuits aufweisen (Vosne-Romanée oder Gevrey-Chambertin). Dabei sind die Tannine und die Frucht intensiv, allerdings nicht sperrig, sondern seidig und charmant. Unterm Strich eine Traumkombination! 22 PINWAND °315 | Oktober 2020

Voillot BURGUND FRANKREICH BOURGOGNE PINOT NOIR VIEILLES VIGNES, ROUGE 2018 Wunderbar. Der perfekte Pinot, um sich in die Künste von Jean-Pierre Charlot einzutrinken! FBU120218 Bourgogne Pinot Noir Vieilles Vignes, rouge 2018 13% Vol. 27,86 €/l 20,90 € Legerer Einstieg ins Burgund Diese hedonistische Cuvée kommt völlig ungekünstelt daher. Man bekommt hier genau das, was man unter einem Bourgogne rouge versteht: Einen einfachen, süffigen und bestens zugänglichen Rotwein, der das Terroir der Region widerspiegelt. Eben ein legerer Pinot Noir. Jean-Pierre Charlot, der von vielen Winzern ehrfürchtig als „vrai vigneron“ also waschechter Winzer bezeichnet wird, weil er sein Handwerk versteht, dafür lebt und es gemeinsam mit seinem Neffen mit echtem Ethos füllt, weiß wie ein guter Bourgogne rouge zu schmecken hat. Daher stammt auch dieser Wein bereits von alten Reben, von „vieilles vignes“. Denn nur sie bringen eine derartige Feinheit in einen Einstiegswein wie diesen. Der Bourgogne Pinot Noir Vieilles Vignes 2018 duftet rotbeerig, nach Cranberries und Pflaumen. Das passt zum durchsichtigen Rubinrot im Glas, das jahrgangs- bedingt enorm tief strahlt, aber eben nie tintig opak ausfällt, sondern so, dass man darunter noch die Sonntagszeitung lesen könnte. Komplett ohne neues Holz ausgebaut – was einem Wein dieser Klasse auch überhaupt nicht stünde – zeigt sich der Pinot Noir reichhaltig, dicht aber auch wunderbar erfrischend am Gaumen. Hier bleibt das Tannin immer im Einklang mit der frischen Säure und der feinen Mineralität. Kurzum: Ein Einstieg in das „rote Burgund“, ein Wein, der Trinkfreude mit dem Anspruch verbindet, den der ehemalige Professor der Önologie an alle seine Weine stellt. Hier aber soll es nicht allzu intellektuell zugehen, es soll einfach nur der klassische Burgunder gefeiert werden. Ein Wein, der jetzt schon viel Trinkspaß bietet, und das sicher auch noch die nächsten Jahre bis 2025. Legerer Einstieg in das „ rote Burgund“! 23

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