Aufrufe
vor 3 Jahren

PINwand Nr. 314

  • Text
  • Weinfachhandel
  • Weinhandel
  • Verkostung
  • Winetasting
  • Wine
  • Weine
  • Wein
Weinmagazin Pinard de Picard - Ausgabe September - Erlesene Weine, Feinkost und Spirituosen - Weinfachhandel und Weinversender

ITALIEN TOSKANA

ITALIEN TOSKANA Boscarelli VINO NOBILE DI MONTEPULCIANO RISERVA 2016 Grandios: Die „Vino Nobile Riserva“ aus 2016 schließt nahtlos zum großartigen Vorgängerjahrgang auf. ITO110516 „Riserva” V. N. di Montepulciano DOCG rosso 2016 14% Vol. 39,93 €/l 29,95 € 94 Punkte DECANTER Boscarellis „Vino Nobile di Montepulciano Riserva“ ist das Ergebnis einer kompletten Neuanpflanzung jenes Weinbergs, den der Marchese Enrico de Ferrari Corradi einst für seine „Riserva“ auserkoren hatte. Mit ihm wurde die „Vino Nobile di Montepulciano Riserva“ in den 1970er und 1980er Jahren berühmt. Als Luca und Nicolò de Ferrari Corradi das Weingut zu Beginn der 1990er Jahre von ihrem Vater übernahmen, legten sie den Weinberg in Cervognano 1992 komplett neu an. Erst mit dem Jahrgang 2010 hatte der Wein wieder das Niveau erreicht, dass sie sich für eine Riserva vorstellen und seit diesem Jahrgang wird der Wein immer noch besser und besser. Da spielten den beiden natürlich die exzellenten Jahrgänge 2015 und nun auch 2016 in die Karten. In 2016 wurde in manchen Weinbergen zum ersten Mal überhaupt die phenolische Reife und die benötigten Zuckerwerte zur gleichen Zeit erreicht. Die Reifephase der Trauben war lang und es gab keinerlei Trockenstress. So konnten die Marchesi den Wein genau so vinifizieren, wie es schon in den 1970ern und 1980ern geschehen ist. Dazu wird der Prugnolo Gentile, wie die Variante des Sangiovese ja in Montepulciano genannt, mit rund 10 % Canaiolo nero und Colorino vermischt. Die beiden Sorten gehören zusammen mit dem Mammolo zu den ganz klassischen toskanischen roten Rebsorten. Die gesamte Weinbereitung ist ähnlich klassisch: Nach der Handlese wird entrappt und gemahlen. Der Wein vergärt danach spontan in hölzernen Gärständern bei 28 bis 30 °C. Die malolaktische Gärung und Reifung findet in Fudern aus slawonischer Eiche in Gebinden von fünf bis 25 hl statt. Nach der Reifung über 28 bis 32 Monate (je nach Gebinde) hinweg wird der Wein unfiltriert gefüllt und reift weitere Monate auf der Flasche. Die 2016er „Vino Nobile di Montepulciano Riserva“ ist ein rubinroter Wein mit leicht ziegelroten Reflexen. Hier duftet es intensiv nach Rosen, Veilchen und Wildkirschen bis hin zu Salbei und Thymian. Mit Luft erinnert der Wein zunehmend an getrocknete Kirschen und Kirschkerne, Walderdbeeren, Marzipan und auch ein wenig an Rauch, an trockenes Holz und an zerstoßenen Feuerstein. Am Gaumen ist die „Riserva“ schon jetzt außerordentlich elegant und sehr schmackhaft. Dabei täuscht die Frische und das noch unruhig Tänzelnde fast darüber hinweg, wieviel Kraft in diesem Wein steckt. Ganz wunderbar ist jetzt schon die ganz leichte reife Süße in der Frucht, das feine, puderige Tannin, dass die Weine von Boscarelli immer auszeichnet und die reife 2016er Säure, die so elegant wie belebend wirkt. Trotzdem steht dieser hervorragende „Vino Nobile“ erst am Anfang seiner Entwicklung. Der Wein hat locker ein Potential für anderthalb Jahrzehnte. Das ideale Trinkfenster für diesen Wein dürfte bei 2022 bis 2035 liegen. Die Marchesi weisen aber darauf hin, dass ihre „Vini Nobili“ über Jahrzehnte reifen. „SOTTO CASA” VINO NOBILE DI MONTEPULCIANO RISERVA 2015 Boscarellis Vino Nobile „Sotto Casa“ ist weder modern noch klassisch. Er ist zeitlos. ITO110615 „Sotto Casa” Riserva V. N. di M. DOCG rosso 2015 14% Vol. 46,66 €/l 35,00 € In den letzten Jahren wird in Montepulciano viel darüber diskutiert, was einen wahren „Vino Nobile“ ausmacht. Man ist sich im Konsortium der Winzer der Region heute weitgehend darin einig, dass man für den „Vino Nobile“ auf Dauer nur noch die autochthonen Rebsorten der Region nutzen will, um den Weinstil klarer zu positionieren. Die Marchesi de Ferrari Corradi sind genau der gleichen Meinung, und fast alle ihrer „Vini Nobili“ entsprechen ganz der klassischen Verfahrensweise. Es gibt allerdings die Weinbergslage Sotto Casa mit einem roten steinigen Boden aus alluvialem Schwemmland, Ton und ein wenig Kalk, wo Merlot und Cabernet einfach so gut werden, dass sie den Prugnolo Gentile in einer Cuvée definitiv bereichern. Und deshalb haben sich die Marchesi mit dem Jahrgang 2011 dazu entschlossen, diesen Wein auch zu füllen. Der 2014er „Sotto Casa“ war im letzten Jahr dann auch prompt der zweitplatzierte Wein beim großen 66 PINwand314 | September 2020

Boscarelli TOSKANA ITALIEN Vino-Nobile-Tasting des schweizerischen Weinmagazins „Vinum“. Höher bewertet wurde nur der „Vino Nobile ,Il Nocio‘“, der ebenfalls von Boscarelli stammt. Tatsächlich ist die Cuvée aus 80 % Prugnolo Gentile, 15 % Cabernet Sauvignon und 5 % Merlot ein ganz famoser Wein. Und der exzellente Jahrgang 2015 liefert noch ein bisschen mehr an Tiefe und Kraft als der schon grandiose 2014er. Der Modernist, der aber genauso wie die Klassiker vinifiziert wird – Handlese, Entrappung, spontane Vergärung in Holzgärständern und separater Ausbau in Fudern von drei bis 30 Hektolitern über 28 bis 32 Monate hinweg –, ist schon jetzt ein Prachtkerl, der noch ein langes Leben vor sich hat. Im Duft erinnert die Cuvée zunächst an wilde Kräuter, ja fast ein wenig an Garrigue und Heidekraut, an Veilchen und Iris, an kalte Asche und Rauch sowie an zerriebenen Stein. Dann kommen Unterholz, trockene Erde und Tabak mit hinzu, viele Kirschen, und zwar in saftiger wie in getrockneter Form, dazu ein wenig Sandelholz und Walnüsse, Eisen und Grafit. Das ergibt ein äußerst spannendes Duftbild, das am Gaumen noch ergänzt wird durch ein geradezu cremig wirkendes Tannin mit einer seidig reifen, aber präsenten Säure. Gerade die ist es, die dem Wein Spannung verleiht und ihn trägt, weil sie in jedem Moment präsent und spürbar ist und im Finale noch zusätzlich von mineralischen Eindrücken begleitet wird. Das ist komplex, das ist stimmig, balanciert und definitiv begeisterungswürdig. Das ideale Trinkfenster für diesen Wein dürfte bei 2022 bis 2040 liegen. „COSTA GRANDE“ VINO NOBILE DI MONTEPULCIANO 2016 Boscarellis „Costa Grande“ gehört zur absoluten Spitze der Region. ITO110916 „Costa Grande” V. N. di M. DOCG rosso 2016 14% Vol. 60,00 €/l 45,00 € Im Consorzio del Vino Nobile di Montepulciano hat man in den letzten Jahren eine große Offensive gestartet, um den „Vino Nobile“ wieder dorthin zu bringen, wo er in der Achtung der Weintrinker und aufgrund seiner Qualitäten auch stehen sollte, nämlich auf einer Höhe mit dem besten „Chianti Classico“ und dem „Brunello di Montalcino“. Um diesen Anspruch zu untermauern, haben Avignonesi, Poliziano, Boscarelli und weitere Weingüter im Laufe der letzten Jahre neue Einzellagen-Cuvées lanciert. Eine davon ist der 2016er „Costa Grande“ von Boscarelli. Der Wein stammt aus einem 1,5 Hektar umfassenden Weinberg, der direkt neben der legendären Lage Vigna del Nocio liegt. Im Boden finden sich die gleichen drei Formationen von roter Erde, Lehm und Sand, wobei es hier, in der Lage Vigna Grande, mehr Lehm gibt. Dadurch verändert sich der pH-Wert des Weines gegenüber dem „Il Nocio“. Er ist etwas höher, die Säure dadurch etwas niedriger, das Tannin aber auch kompakter als beim „Il Nocio“. Der Weinberg wurde im Jahr 2000 neu bepflanzt, und die Klone, aus denen er sich zum Teil zusammensetzt, sind „selections massale“ aus dem Nocio und andere klonale Selektionen. Natürlich wurden die Trauben manuell gelesen, der Prugnolo Gentile entrappt und gerebelt. Der Wein wurde in Eichenfässern vergoren, die zu höchstens zwei Dritteln ihres Fassungsvermögens gefüllt waren. Für den Gärungsprozess, der etwa eine Woche dauerte und spontan eingeleitet wurde, wurde heimische Hefe bei kontrollierten Temperaturen von 28 bis 30°C verwendet. Der „Vino Nobile ,Costa Grande‘“ wurde im ersten Jahr in Tonneaux von 5 hl und im zweiten Jahr in Fudern von 16 bis 25 hl ausgebaut, dann einige Monate im Zement und weitere rund zwölf Monate auf der Flasche. Was während dieser lagen Reifezeit entstand, ist nichts weniger als einer der ganz großen toskanischen Verführer. Es ist ein Wein, der seinem Appellationsnamen „Vino Nobile“ zur Ehre gereicht. Schon dieses intensive, aber klare und noch transparente Kirschrot ist einladend, noch mehr aber der Duft von Schattenmorellen, Zwetschgen und dunklen Himbeeren, einem Anflug von W. Ø. Larsen’s „Old Fashioned“ aus dem Regal für Pfeifentabak, bestem Marzipan und jeder Menge an Kräutern wie Thymian, Rosmarin, Pimpernelle und Minze. Das Holz ist hier ganz fein, ganz zurückhaltend und verbindet sich mit ein wenig Süßholz. Dem „Costa Grande“ ist schon im Duft nicht zu widerstehen. Am Gaumen dann hält der Wein diese Komplexität, ja baut sie noch aus und schickt Wellen von reifer und immer noch knackiger Frucht über die Zunge, bringt neben den Kirschen und Himbeeren auch einige rote und schwarze Johannisbeeren mit ins Spiel, wirbelt mit präziser Säure und kleidet den Gaumen mit einem nahezu perfekten Gerbstoff aus. Vino-Nobile- Herz, was willst du mehr? Okay, es gibt natürlich noch den „Il Nocio“ … Das ideale Trinkfenster für diesen Wein dürfte bei 2022 bis 2040 liegen. 67

1997-2024 Pinard de Picard GmbH & Co. KG, Saarwellingen, Germany. ALL RIGHTS RESERVED.