ITALIEN PIEMONT Giulia Negri BARBERA D’ALBA DOC, ROSSO 2020 Der Bauer als Edelmann: Giulia Negri macht das Beste aus Barbera! IPI090720 Barbera d’Alba DOC, rosso 2020 14% Vol. 23,93 €/l 17,95 € Noch in den 1980ern galt der ebenso ergiebige wie weit verbreitete Barbera als rustikaler, ja fast bäuerlichderber „Volkswein“ – eine Sorte also, die vor allem Weine mit hoher Säure und reichlich Alkohol hervorbrachte. Doch die Zeiten haben sich geändert: Vor allem dank qualitätsbesessener Winzerinnen wie Giulia Negri (und des einstigen Wegbereiters Giacomo Bologna) gilt der Barbera heute nach Barolo und Barbaresco als der dritte große Rotwein des Piemont. Naturgemäß widmet sich die als „Barolo Girl“ bekannt gewordene Weinmacherin vor allem dem Nebbiolo. Doch da dessen Anbau nur auf wenige ausgewählte Gebiete beschränkt ist, macht seine Ausbeute nicht viel mehr als drei Prozent (!) der Gesamtproduktion im Piemont aus – weniger als ein Fünfzehntel der jährlichen Erzeugung von Barbera. Grund genug für die talentierte junge Winzerin, sich auch des bäuerlichen Barberas anzunehmen und ihn kompromisslos zu veredeln: Sein tiefes Rubinrot erinnert noch daran, dass Barbera einst verwendet wurde, um dem vergleichsweise hellen, transparenten Rot des Nebbiolo farblich auf die Sprünge zu helfen.Dem Glas entsteigt ein leicht süßliches, balsamisches Bouquet von Himbeeren, Sauerkirschen, Granatapfel-Kernen und Zwetschgen. Am Gaumen sind die durchaus präsenten Tannine perfekt in die frischen Fruchtnoten integriert, was ein ausgewogenes Mundgefühl auslöst. Noten von Bitterschokolade und ein Hauch von frisch gemahlenem Kaffeepulver sorgen für Würze. Spontan in Edelstahl-Tanks vergoren, wurde dieser Wein 16 Monate in Stahl und 500-Litertonneaux aus französischer Eiche ausgebaut. Bekanntermaßen bewirtschaftet Giulia Negri in La Morra – nach dreijährigem Umstellungsprozess nunmehr ein zertifiziertes Bioweingut – einige der höchstgelegenen Weinberge des Piemont, was auch für diesen Barbera d’Alba gilt. Zwar bietet sich von den 400 bis 500 Metern über dem Meeresspiegel liegenden Rebflächen ein herrlicher Blick auf die italienischen Alpen. Und natürlich sind die kühlen Berghänge verglichen mit den im Zuge des Klimawandels immer wärmer werdenden Tallagen gewiss die bessere Wahl. Doch das Wetter wird in diesen exponierten Höhen auf andere Weise immer häufiger zum Problem: Ein heftiger Sturm, Unwetter und Hagel haben 2019 große Schäden verursacht, wodurch etwa 40 % (!) der Trauben verloren gingen. Wir sind sehr dankbar, dass sich Giulia Negri in ihrem Qualitätsstreben nicht beirren lässt und uns im Folgejahr mit „lavoro da negri“ (wie man die Knochenarbeit im Italienischen umgangssprachlich und politisch unkorrekt nennt) diesen köstlichen Barbera beschert, der Eleganz mit geballter Kraft und fester Struktur gekonnt verbindet. Ab sofort und bis mindestens 2027+.. NEBBIOLO „PIAN DELLE MOLE“ DOC LANGHE, ROSSO 2020 Ganz puristisch Piemont: Das „Barolo Girl“ zeigt uns den Nebbiolo in Reinkultur IPI090320 Nebbiolo „Pian delle Mole“ DOC Langhe, rosso 2020 14% Vol. 24,66 €/l 18,50 € „Blut & Barolo“ lautet, so plakativ wie martialisch, der Titel eines erfolgreichen piemontesischen Hundekrimis aus der Feder des Ex-Vinum-Chefredakteurs) Carsten Sebastian Henn. Ist die Geschichte des Nebbiolo, der anspruchsvollen Rebsorte des Barolo und Barbaresco, glücklicherweise zwar nicht unbedingt blutig verlaufen, so hat sie in den letzten Jahrzehnten doch fraglos einige folgenschwere Wandlungen vollzogen – von der völligen Bedeutungslosigkeit noch vor einem halben Jahrhundert über einen lange währenden Wettstreit zwischen Traditionalisten und Avantgardisten bis hin zu einem Ausnahme-Talent wie Giulia Negri. Mit diesem Einstiegsnebbiolo aus der Langhe gelingt es der mutigen, sich jeglicher „Schubladisierung“ entziehenden Weinmacherin, die klassische Rebsorte der Region so klar und unverfälscht auf die Flasche zu bringen wie überhaupt nur möglich. Ein Nebbiolo für Puristen also, der nach seiner spontanen Gärung im Edelstahl mit einer Maischestandzeit von etwa 20 Tagen für etwa 18 Monate in Stahltanks und 500-Liter-tonneaux reifen durfte. Im Glas ein klares, hell leuchtendes Rubinrot. Die Nase zunächst verhalten, dann Sauerkirschen, rote Johannisbeeren, Waldhimbeeren und der feuchte Waldboden, auf dem sie gewachsen sind. Im Hintergrund ein Hauch von Nelken und Geranien. Geschmeidig am Gaumen, wo die erwähnten Aromen auf das Angenehmste wiederkehren. Doch Giulias Meisterschaft besteht darin, dass auch dieser „einfache“ Gutswein eine Geschmacksfülle auszudrücken vermag, die den relativ hohen Säuregehalt und die typischerweise vorhandenen kräftigen Gerbstoffe spielend ausgleicht. Eine erfreuliche Ausnahme im Vergleich zu vielen mittelkräftigen Weinen der Rebsorte Nebbiolo, bei denen die Frucht mit dem herben Tannin und der sauren Schärfe der Rebsorte zu kämpfen hat (und dabei meist verliert). Ein eleganter Wein mit Spannkraft, Frische und Saftigkeit, den Säure-Fetischisten auch als Solisten lieben werden! Ab sofort uns bis 2030+. 86 PINWAND no 342 | August 2022
Giulia Negri PIEMONT ITALIEN „LA TARTUFAIA“ DOCG BAROLO, ROSSO 2018 Giulias Visitenkarte! In La Tartufaia, dem Trüffelwald von La Morra, findet sich noch ein anderer Schatz: den gleichnamigen Barolo! IPI090418 „La Tartufaia“ DOCG Barolo, rosso 2018 14% Vol. 54,66 €/l 41,00 € Giulia Negri ist gesegnet – das darf man wohl so sagen. Denn die junge Winzerin, die noch keine 30 Jahre alt ist, verfügt nicht nur über ein außergewöhnliches Talent und Gespür für ihre Weine, sie darf ihrer Profession auch an einem der schönsten Orte nachgehen, den man sich dafür vorstellen kann. Es ist La Morra, der „Grand-Cru-Ort“ des Piemonts, weltberühmt für seinen Barolo. Es ist auch der Weinberg „Serradenari“, eine historische Lage und mit 530 Metern der höchste Weinberg im Barolo-Gebiet. Auf diesem Berg wechseln sich Reben mit dem einzigen Trüffelwald des Ortes ab: La Tartufaia. Weinberg wie Wald befinden sich seit 100 Jahren im Besitz von Familie Negri – ein wunderbares Erbe, das Giulia vor einigen Jahren antreten konnte. Der Barolo „La Tartufaia“ verbindet Nebbiolo aus dem unteren Teil des „Serradenari“ mit der Frucht aus einem weiteren berühmten Cru-Weinberg in La Morra: „Brunate“, etwas weiter östlich gelegen und flacher. Beide Weinberge sind bestimmt durch den Unterboden aus dem Tortonium, einem blau-grauen Mergel mit viel Magnesiumcarbonat und Mangan sowie Sand und Ton im Oberboden. Gerade der Oberboden macht den Barolo aus La Morra ausgesprochen elegant und delikat, und wenn man so will, geradezu feminin im Gegensatz zum Barolo aus Serralunga, der deutlich tanninbetonter und kraftvoller ist. Kraft besitzt „La Tartufaia“ natürlich trotzdem und zudem einen Hauch von Kühle von der hohen Lage, aus der der Wein stammt. wunderschön klassisch. Natürlich auch, weil sie hier auf die Tradition ihrer Region setzt: Nach der Handlese und der Sortierung wurde der Nebbiolo spontan über mehrere Wochen in konischen 60-Hektoliter- Holzfermentern vergoren, bevor er über 24 Monate in 2500-Liter-Fässern aus slawonischer Eiche verbrachte und dann eine weitere Zeit in der Flasche reifen durfte. Darum zeigt sich der Barolo auch nicht im zeitgeistig-schicken aber austauschbaren Glanz neuer Barriques, sondern angenehm gediegen und zeitlos. Reife Pflaumen, Tabak und Erdbeeren prägen ihn am Gaumen. Die Tannine sind fest, verlangen noch nach zwei bis drei Jahren Flaschenreife, die man momentan wunderbar mit einer bistecca fiorentina „pazifizieren“ kann, deuten aber auch auf den schonenden Ausbau und feinstes Lesematerial hin. Klasse und Finesse sind die zwei Attribute, die uns hier sofort einfallen. Aber auch schlicht und ergreifend Eleganz! La Morra ist unserer Meinung nach der Inbegriff von Eleganz, und Giulia Negri beweist eben auch in anspruchsvolleren Jahrgängen ein echtes Händchen. Un das ist einfach meisterhaft, auguri! Der Barolo sollte aktuell nur mit viel Luft und Zeit genossen werden. Seinen Höhepunkt dürfte er ab 2026 erreichen und dann über die nächsten zehn-fünfzehn Jahre. Wir waren natürlich gespannt wie sich der Jahrgang 2017 nach dem unglaublichen Spitzenjahrgang 2016 schlagen würde. 2016 war sicherlich trotz des nicht einfachen Jahrgangsverlaufs eines der besten Jahre in Norditalien für exzellente Rotweine. 2017 erreichte viele Winzer im April (auch in Barolo und Barbaresco) eine große Frostwelle. Dies erklärt unsere teilweise homöopathischen Mengen, sodass wir allen Liebhabern dringend raten möchten, die überaus begehrten (und heißgeliebten!) Favoriten des Jahrgangs 2017 möglichst rasch zu reservieren: es wird davon nicht viel geben! Diese Weine erinnern uns an so elegante Jahre wie 2011 und 2014, die mitunter ein echt burgundischen Charakter an den Tag legen. Das zeigt sich auch bei Giulias Barolo, der mit schönem Rubinrot im Glas liegt und ganz fein nach getrockneten Rosenblättern, Hagebutten und Amarena-Kirschen duftet. Er wirkt 87
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